Haben Sie Durst? Hier am Heger Tor sind Sie gleich von mehreren Kneipen umgeben. Schon im frühen 19. Jahrhundert konnten die Kutscher im Torhaus direkt an der Stadtmauer beim Kauf einer neuen Peitsche nebenbei ein Glas leeren. Später kehrten nicht nur Fuhrleute in der danach benannten „Peitsche“ ein, auch die guten Bürger fanden sich bei Osnabrücker Aktienbier und „Gosling‘schem Korn“ zu einem Klönschnack zusammen.
Die Kneipen-Historie im Gebäude an der Gabelung Marienstraße/Heger Straße begann 1879 mit „Diekmann´s Restauration“. Auch hier trafen sich um die Jahrhundertwende nahezu alle Schichten der vor allem männlichen Bevölkerung. Noch in den 1930er-Jahren führte der Sohn des Gründers, der allseits bekannte und beleibte „Fättken“ Diekmann, die Kneipe. Unerbetenen Schnorrern soll er auch schon mal statt eines Bierfasses ein Aalfass mit Jauche kredenzt haben. Heute zieht hier das sportliche „Public Viewing“ die Gäste an.
An Bier mangelte es den Osnabrückern nicht, denn schon von alters her war Bierbrauen hier ein freies Gewerbe. Auch das sogenannte „Grüsing“, ein Starkbier aus Kräutern, war sehr beliebt. Dieses unterlag allerdings der Kontrolle der Stadt, die dafür eigens ein Gruthaus einrichten ließ. In jedem Fall floss es reichlich und in großen Mengen auf traditionellen Großereignissen wie dem Sedan- oder dem Schnatgangfest. Das letztere wird hier im Heger-Tor-Viertel alle sieben Jahre gefeiert; es erinnert an die früheren Grenzmarkierungen zwischen den Laischaften, den mittelalterlichen städtischen Selbstverwaltungsorganisationen.
Anders als das Bier wurde der Branntwein vom Magistrat der Stadt gefürchtet und erst 1819 ließ man in Osnabrück die erste Brennerei zu. Die Sorgen der Stadtväter waren nicht unbegründet. Besonders im Bereich der Fabriken war die Anzahl der Kneipen sehr hoch und viele Arbeiter suchten dort mit Hilfe von Alkohol, dem schweren Alltag zu entfliehen. Sie wurden sogar zum Teil in Branntwein entlohnt. Mit der Gründung eines Mäßigungsvereins und den „Blättern gegen Branntewein und Berauschung“ versuchte man Mitte des 19. Jahrhunderts, dem übermäßigen Schnapsgenuss entgegenzuwirken – eine eher aussichtslose Mission.
Bier dagegen hatte einen besseren Ruf. Von den 17 Brauereien im 19. Jahrhundert überlebte jedoch nur eine die Jahrhundertwende: die Osnabrücker Aktien-Bierbrauerei, kurz OAB. 1860 als Privatbrauerei mit Gartenwirtschaft auf dem Westerberg gegründet, ging diese zehn Jahre später in eine 12-köpfige Aktiengesellschaft über – daher auch der Beiname „Apostelbier“. Nachdem das Unternehmen von der Dortmunder Aktien Bierbrauerei (DAB) in Dortmund aufgekauft wurde, schloss die OAB 1987 endgültig ihre Tore. Zwar sind die Brauereigebäude längst abgerissen – der Wasserturm thront jedoch als letztes Zeugnis noch immer auf der Kuppe des Westerbergs.
Audioproduktion: Musiktheater LUPE Osnabrück
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