Route Innenstadt

  • Zentrum des Tabakhandels – Haus Tenge

Fotos

Haus Tenge, um 1912
Foto: R. Lichtenberg, Sammlungen des MIK

Tabaktüte der Firma Gülich und J. A. Tenge, um 1800
Sammlungen des MIK

Tabaktüte der Firma Thorbecke, 19. Jh.
Sammlungen des MIK

Belegschaft der Zigarrenfabrik Greive Borgloh, 1910
Foto: unbekannt, Sammlungen des MIK

„Zigarrenbude“, Ölgemälde: J. Marx, 1889
Foto: Tabakmuseum Bünde, 2017

Audio

Beschreibung

Das denkmalgeschützte Haus Tenge zählt zu den schönsten Häusern der Krahnstraße. Es verweist auch auf die Bedeutung Osnabrücks im frühindustriellen Tabakhandel.
Bremen, Hamburg und Antwerpen – in den großen Hafenmetropolen blühte im 18. Jahrhundert der Tabakhandel. Auf das lukrative Geschäft wurden findige Osnabrücker Kaufleute aufmerksam, die durch den Handel mit Leinen gute Beziehungen zu diesen Städten unterhielten. 1747 gründeten Friedrich von Gülich und Johann Anton Tenge die erste Tabakfabrik in Osnabrück und setzten damit einen Trend in der aufstrebenden Stadt.

Rohtabake aus Amerika, Ungarn der Türkei und sogar – wie man sagte – „ein wenig von denen, die im Königreich Westphalen wachsen“ wurden in Mühlen vorverarbeitet und zerkleinert. Die Endverarbeitung zu Rauch-, Schnupf- und Kautabak fand in den Produktionsstätten Tenges in der heutigen Marienstraße statt. Das Papier für die Tabaktüten lieferten Osnabrücker Papierfabriken. Verkauft wurden die rauchfertigen Tabakwaren schließlich neben Stoff und Wolle in dem Haus Tenge.

Tabak entwickelte sich zu einem bedeutenden Wirtschaftsfaktor in Osnabrück. 1818 gab es neben etlichen kleineren Manufakturen sechs große Tabakfabriken. Der Magistrat berichtete:

„Sie geben einer Menge, sonst vielleicht arbeitsloser Leute Gelegenheit, ihr Brod auf eine ehrliche Weise zu gewinnen, gewähren den Vortheil, daß auch Kinder in denselben Erwerb finden …“

Dass in der Tabakindustrie Kinderarbeit sowie schlechte Arbeitsbedingungen geduldet wurden, bereitete zunächst keine Sorgen. Dass sich Frauen an der Arbeit beteiligten, stieß hingegen in der Öffentlichkeit auf Gegenwehr. Die Sorge war zu groß, dass es zwischen Männer und Frauen unsittlich zuginge. 1842 verbot der Magistrat schließlich die Tätigkeit von Frauen in Zigarrenfabriken. Die frühindustriellen Fabrikanten, die betonten, sie seien auf die Arbeiterinnen angewiesen, um konkurrenzfähig zu bleiben, versuchten immer wieder, das Verbot zu umgehen – immerhin waren unverheiratete Frauen billige Arbeitskräfte.

Obwohl das Verbot der Frauenarbeit Anfang der 1860er Jahre wieder aufgehoben wurde und die Anzahl der Osnabrücker Tabakfabriken weiter stieg, verlagerten einige Firmen ihren Sitz ins Osnabrücker Land. André, Tenge und Thorbecke hingegen verlegten ihre Produktion nach Westfalen. Heute gibt es keine Tabakfabrikation mehr in und um Osnabrück. Das Unternehmen André produziert weiterhin in Bünde und ist sogar größter Zigarrenhersteller Deutschlands.

Audioproduktion: Musiktheater LUPE Osnabrück